The Dark Pictures: House of Ashes - Review

Wenn mal wieder Langeweile angesagt ist und Netflix & Co. gerade nichts hergeben, könnte der mittlerweile dritte Ableger der The Dark Pictures Anthology mit dem Titel House of Ashes ein netter Zeitvertreib für euch sein. Schnell noch ein paar Freunde und Freundinnen eingeladen und schon kann es losgehen: Abwechselnd erleben wir in der Rolle von fünf Protagonisten eine abendfüllende Unterhaltung, mit der auch weniger spielaffine Menschen durchaus ihren Spaß haben können. Warum das Fluch und Segen zugleich ist, schildere ich euch im Folgenden.

Anders als in Until Dawn oder dem Besuch der Geisterstadt Little Hope im letzten Jahr begleiten wir diesmal nicht irgendwelche unreifen Teenies durch die Weltgeschichte, sondern schlüpfen direkt in die Rolle von einer US-Spezialeinheit, die auf einem geheimen Einsatz im Irak unterwegs ist. Dort suchen die Jungs und Mädels nach mutmaßlichen Chemiewaffen-Depots von Saddam Hussein. Der relativ glaubhafte Ansatz der Geschichte verrät schon ungefähr wo die Reise hingeht, wird aber mit zunehmender Spieldauer abstrus und legt Konflikte offen, denen sich mancher Soldat wohl schon öfter im Leben stellen musste.


The Dark Pictures: House of Ashes
Freund oder Feind? Das liegt allein in euren Händen.


Die gewohnte Formel



Wer jetzt an ein Call of Duty oder Battlefield denkt, liegt vielleicht gar nicht so falsch. Die Story verläuft insbesondere während der ersten beiden Stunden sehr kriegslastig, sodass der Konflikt zwischen den Irakern und den US-Soldaten im Fokus steht. Erst nachdem sich die Erdoberfläche nach einem hitzigen Feuergefecht mit feindlichen Truppen öffnet und unsere Soldaten sowie die Konfliktparteien in die Tiefe reißt, offenbart sich die wahre Bedrohung.

Dabei verlangt uns das rund sechsstündige interaktive Filmabenteuer spielerisch nicht viel ab. Es werden wieder mal Entscheidungen getroffen, die über das weitere Überleben unserer Protagonisten entscheiden. Anders als in Little Hope oder insbesondere Until Dawn kommt man allerdings selten in Gewissenskonflikte, da die Bindung zu den Charakteren nur schwer aufzubauen ist. Ferner werden fleißig Hinweise gesucht und die üblichen bereits aus den anderen Serienablegern bekannten Reaktionsspielchen gemeistert. Wer auf Innovationen in diesem Bereich gehofft hat, muss enttäuscht werden. Keines der Minispiele ist wirklich neu: Es wird noch immer der Atem angehalten und der Herzschlag mit einem Knopfdruck reguliert, sodass sich die Protagonisten den Feinden nicht durch ein lautes Schnaufen offenbaren.

In anderen Fällen flüchten wir und müssen im richtigen Moment die richtige Taste drücken, um Hindernisse zu überwinden oder dem Feind Gegenstände in den Weg zu werfen. Spielerische Freiheit erlangt man allenfalls durch die neue frei bewegliche Kamera. Diese gibt mir in manchen Fällen vielleicht etwas mehr Überblick, sorgt aber atmosphärisch für erhebliche Abstriche. Dies liegt vor allem daran, dass in engen Höhlengängen einfach keine freie Kamera gebraucht wird und diese dann manchmal so nah am Charakter platziert ist, dass er kurrzeitig verschwindet oder sich kleinere Probleme ergeben, die aus Jump'n'Runs der PlayStation 1-Ära bekannt geworden sind. Vielleicht wäre der Wechsel zwischen einer festen und frei beweglichen Kamera in so manchem Areal die geschicktere Lösung gewesen.


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Wenn der wahre Feind erscheint, können sich selbst die größten Feinde miteinander verbünden.


Gib mir Action!



Immerhin leuchten potentielle Interaktionsmöglichkeiten wie gewohnt weiß auf, sodass auch der unerfahrenste Spieler fast alle sammelbaren Objekte problemlos finden sollte. Wenig verwunderlich ist es außerdem, dass ich in der Rolle einer militärisch geschulten und entsprechend ausgerüsteten Truppe viel damit beschäftigt bin, Feinde gezielt auszuschalten. Dies passiert meist über das Verschieben des Fadenkreuzes auf dem Bildschirm und des nötigen Knopfdruckes. Wirkliches Aiming oder irgendwelche spielerischen Fähigkeiten werden euch somit nicht abverlangt, sodass wirklich jeder in der Lage sein wird, dieses Spiel zu spielen.

Folglich ist der Spielverlauf deutlich actionlastiger und lässt nahezu jeden Nervenkitzel der vorherigen Ableger vermissen. Grundsätzlich könnte man sogar fast so weit gehen und hinterfragen, ob dem Spiel das Genre Horror aberkannt werden sollte. Wirkliche Gänsehautmomente oder Jump-Scares gibt es nämlich keine und auch sonst kaum Grund sich wirklich zu gruseln. Eher noch würde ich hier den Vergleich zu Resident Evil 6 ziehen, da die Sequenzen meist aus terrorlastigem Actiongeballer bestehen. Aber keine Angst: Eine Shootersteuerung müsst ihr hier nicht befürchten.


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Leider werden kaum Hintergründe erläutert und auch der Kurator hat viel zu wenig Zeit bekommen, um sich entfalten zu können.


Ein Abenteuer auf Schienen



Wie schon die Vorgänger ist auch House of Ashes mit namhaften Hollywood-Schauspielern besetzt. Mit Ashley Tisdale, die der CIA-Agentin Rachel King ihr Aussehen und ihre Stimme verleiht, könnt ihr somit ihr und das Schicksal der anderen bestimmen. Abseits davon ist auch der Kurator Pip Torrens wieder am Start, der ähnlich wie Jonathan Frakes damals in X-Factor: Das Unfassbare, die Geschehnisse einordnet und Hinweise streut, die euch verwirren sollen.

Leider hat er eine kleinere Rolle als noch in Little Hope und auch mein Kritikpunkt aus dem letzten Jahr wurde nicht verbessert. Damals habe ich bereits bemängelt, dass man anders als in Until Dawn keine gezielten Entscheidungen treffen kann, die das Spielerlebnis signifikant verändern. Im ersten Spiel war es nämlich möglich, über seine eigenen Ängste zu sprechen. So musste ich wählen, ob ich mehr Angst vor Spinnen oder einer riesigen Spritze habe. Je nach Auswahl griff der Antagnoist genau zu diesem Twist, um mir das Blut in den Adern gefrieren zu lassen. Solche Psycho-Spielchen fehlen hier komplett und sorgen dafür, dass das Level des Erstlings leider bei weitem nicht erreicht wird. Daran ändern auch die ordentliche deutsche Vertonung oder die durchaus schick ausgeleuchteten unterirdischen Gewölbe wenig.

Technisch bewegt sich das Spiel auf der PlayStation 5 auf einem soliden Niveau. Die Ladezeiten sind sehr kurz und im Menü kann ich zwischen einem Leistungs- und Qualitätsmodus wählen. Die Lichteffekte sind allesamt glaubhaft umgesetzt, wenngleich Wow-Momente komplett ausbleiben. Hierzu tragen die ebenfalls sehr hakelig animinierten Figuren bei, die sich mitunter auch sehr träge steuern lassen. Immerhin lässt sich das Spiel aber auch wieder Online oder zu Hause mit nur einem Controller mit Freunden spielen, sodass ihr dem Actiongeballer nicht allein entgegensehen müsst.

Durch die verschiedenen Entscheidungen erhöht sich der Wiederspielwert natürlich enorm, schließlich kann es durchaus passieren, dass ihr einen der geliebten Charaktere schon recht früh im Spiel verlieren könnt. Leider haben viele Entscheidungen aber nicht die große Tragweite wie es zunächst scheint, sodass das Ausknobeln nach dem richtigen Weg oft ausbleibt und man mit seiner Bauchentscheidung meist richtig liegt. Übrigens: Mit The Dark Pictures: The Devil in Me haben Supermassive Games nunmehr die vierte und finale Episode der der ersten Anthologie-Staffel angekündigt.



Predator

Fazit von Kevin:

Der geringe spielerische Anspruch gibt jedem die Chance, dieses durchaus unterhaltsame Abenteuer zu überleben. Spieler, die gefordert werden möchten, könnten sich unter Umständen jedoch langweilen, da das Spiel trotz der recht kurzen Spielzeit durchaus seine Längen hat. Abseits davon gelingt dem Studio aber gerade noch so der Spagat beide Spielergruppen zu bedienen und sorgt für einen launigen Abend mit Freunden, der in Abständen wiederholt werden kann, um den Spieldurchlauf zu bekommen, indem alle Charaktere überlebt haben.

Leider gibt das Kriegssetting und die Umsetzung wenig bis gar keine Horroratmosphäre her, sodass man meinen könnte, man schaut nur einen weiteren belanglosen Kriegsfilm. Immerhin dreht die zweite Hälfte des Spiels etwas auf, lässt allerdings in Bezug auf die Beziehungen der Figuren viel Potential liegen. Gerne hätte ich mehr über die Konflikte der Iraker und den US-Soldaten gesehen und hätte mehr Einfluss auf deren zwangsweise stattfindende Beziehung zueinander nehmen wollen. Oft habe ich mehr Parallelen zu Tomb Raider gefunden, als dass ich mich wirklich gruseln konnte. Vielleicht gelingt es ja beim nächsten Mal wieder besser!

Mit dem dritten Ableger wird euch ein launiger Spieleabend unter Freunden garantiert, der allerdings durchaus hätte mehr sein können, als er am Ende geworden ist.

Besonders gut finde ich ...
  • hoher Wiederspielwert
  • lokale & Online-Multiplayermodi
  • sehr gute englische Vertonung
  • viele interessante Sammelobjekte
  • sehr zugänglich für Neulinge
Nicht so optimal ...
  • träge Charaktersteuerung
  • teilweise Längen in der Erzählung
  • kleinere Bugs
  • kaum Horroratmosphäre
  • viel Geballer
  • Charaktere beliebig und austauschbar

Kevin hat The Dark Pictures: House of Ashes auf der PlayStation 5 gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Bandai Namco Entertainment zur Verfügung gestellt.


The Dark Pictures: House of Ashes - Boxart
  •  
  • Entwickler:Supermassive Games
  • Publisher:Bandai Namco Games
  • Genre:Horror-Adventure
  • Plattform:PC, PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series
  • Release:22.10.2021